Geschichte

Eine kurze Geschichte der LC36

Großspurige Autobahnpläne und die Entmietung

Das Haus in der Ludolf-Camphausen-Str. 36 wurde 1915 erbaut. Es hat den zweiten Weltkrieg weitestgehend unbeschadet überstanden, wurde aber in der Nachkriegszeit nicht mehr gepflegt. Zu Beginn der 1970er Jahre wurde das sanierungsbedürftige Haus von der Stadt Köln günstig erworben. 

Die Stadt Köln plante schon seit Beginn der 1960er Jahre den Bau einer Stadtautobahn, für die das alleinstehende Gebäude und die benachbarten Schrebergärten weichen sollten. Sie übernahm das marode Haus und die dazugehörigen Mietverträge mit der Absicht, es bald darauf zugunsten der Stadtautobahn abreißen lassen zu können. Einige zu diesem Zeitpunkt bereits leerstehende Wohnräume wurden von der Stadt daher nie neu vermietet. Die in den 1970er Jahren noch bewohnten Räume wurden wiederum nicht instand gehalten, sodass die meisten Mieter*innen das Haus bis 1984 aufgrund seines schlechten Zustandes bereits verlassen haben.

Von der Besetzung bis zum sozialen Wohnprojekt

Im Juni 1984 beschlossen etwa 35 Menschen, die teilweise schon seit 10 Jahren leerstehenden Wohnräume des Hauses gemeinsam zu besetzen und wieder bewohnbar zu machen. Noch im gleichen Monat gründeten sie den Verein Wohnen und Leben e.V.. In den folgenden Jahren leisteten die Bewohner*innen sehr viel Arbeit, um das Haus wieder umfangreich instand zu setzen. Sie schufen gleichermaßen auch neuen Wohn- und Gemeinschaftsraum auf vorher gänzlich ungenutzter Fläche und etablierten sich als soziales Wohnprojekt. 

In den jahrelangen Verhandlungen mit der Stadt wurden zunächst zahlreiche vorbereitende Rahmenvereinbarungen getroffen, bis im Februar 1992 endlich der lang ersehnte Mietvertrag zwischen dem Amt für Wohnungswesen der Stadt Köln und dem Verein Wohnen und Leben e.V. abgeschlossen werden konnte. (Mehr dazu in dem Artikel „Die ‚LC’ oder ‚ELSE’ – Wohn- und Politprojekt Ludolf-Camphausen-Str.36, von Manfred Lontke und Jörg Händel, in: Schmidt/Schulz/Schwindt (Hrsg.): Die Stadt, das Land, die Welt verändern. Die 70er/80er Jahre in Köln – alternativ, links, radikal, autonom, Köln 2014, S.470-472.)

In der LC36 leben fortan Menschen verschiedensten Alters, verschiedenster Herkunft und in verschiedensten Lebenssituationen in einem solidarischen Miteinander. Das alltägliche Leben in den einzelnen Wohneinheiten gestaltet sich wiederum sehr vielfältig: Von der Einzimmerwohnung bis zur neunköpfigen Wohngemeinschaft. In mehreren Wohngemeinschaften wohnen auch Kinder und Familien mit weiteren Erwachsenen zusammen. Es wohnen auch heute noch Menschen in der LC36, die das Haus 1984 mit besetzt haben. Umgekehrt wohnen mittlerweile junge Erwachsene im Haus, die schon als Kleinkinder in dem Wohnprojekt aufgewachsen sind. 

Mehr als Wohnen: das „LC-Café“

Neben dem Wohnprojekt wurde vor allem der Gemeinschaftsraum des Hauses in der Stadt bekannt: das „LC-Café“ (heute: „Zentrum“). Der Vereinsraum wurde bereits in der Vergangenheit vielseitig bespielt: als Infoladen, als Gruppenraum für Treffen oder gemeinsames Arbeiten, für Soliabende, Volxküche oder Flohmärkte und Straßenfeste. Zahlreiche soziale und politische Gruppen und Initiativen hielten dort bereits Treffen ab und veranstalteten im gemütlichen Rahmen Lesungen, Workshops oder Vorträge. Das „LC-Café“ wurde dadurch in den letzten knapp 35 Jahren für viele Kölner*innen zu einem sehr wertvollem, selbstverwalteten Freiraum in Köln.

Neuer Verein und Stärkung des Zentrumsgedankens

Mit der Neugründung des Vereins LC36 e.V. wollen wir dieses Profil als selbstverwaltetes Kulturzentrum stärken. Der soziale Wohnraum soll ebenso gesichert werden. Mit der neuen Struktur hoffen wir darauf, noch mehr Mitstreiter*innen zu gewinnen und dadurch noch stärkere Impulse für eine lebendige Alternativkultur zu setzen. Dabei sind uns Selbstorganisation, Partizipation und Empowerment wichtig. Wir hoffen damit, ein neues Kapitel in der bewegten Geschichte der LC36 aufschlagen zu können.

Zeitzeug*in?

Ihr habt in den letzten Jahren oder Jahrzehnten Fotos von/in der LC36 gemacht oder eine Geschichte zu erzählen?